Eine Kaffeemaschine für 3.800 Euro…

…, die kauft doch niemand, oder? Dreifach falsch: sie verkauft sich gut, hat mit einer gewöhnlichen Kaffeemaschine so viel gemeinsam wie ein rostiger Tretroller mit einer Ducati 1199 – und außerdem springt derjenige, der die Frage so stellt, zu kurz. Wer seinen Kunden etwas bieten, wer Qualität und Beratung vermarkten möchte, der braucht Spitzenprodukte. Der beratungsstarke Fachhandel lebt von Produktvielfalt. Denn genau das bildet die Basis für gute Beratungs- und Verkaufsgespräche. Produkte müssen die Möglichkeit geben, eine Geschichte zu erzählen, um den Kunden für sie zu begeistern. Und dafür braucht der Fachhandel eben auch ein Produkt wie die Jura Giga 5, einen Kaffeevollautomaten, der zeigt was möglich ist  – und sei es für 3.800 Euro, exklusive externem Tassenwärmer.

Natürlich gibt es Kunden, die den bekannt einfachen Geschmack haben und einfach immer zum Höchstpreisigen greifen. Doch der Durchschnittsdeutsche ist ein klassischer “In-der-Mitte-Ankreuzer“. Daher ist es dringend notwendig, dass der Händler ihm ein komplettes Bild vermittelt – Stichwort Sortimentsvielfalt. Hier geht es nicht darum, dem Kunden das teuerste Produkt aufzuschwatzen – hier geht es darum, den Kunden umfassend zu beraten! Mit einer Begrenzung des Sortiments nach oben beraubt der Händler seine Kunden und sich selbst der Möglichkeiten. Heißt im Klartext: Wer als Fachhändler fünf Kaffeevollautomaten in seinem Laden ausstellt, und den teuersten bei 999 Euro positioniert, der wird dieses 1000-Euro-Gerät seltener verkaufen, als wenn er daneben eines für 1299 Euro stellt.

Und wer meint, dies gelte nur für Kaffeevollautomaten, der irrt. Um es plastisch zu zeigen: wer als größten Fernseher einen 46 Zoll LED im Laden aufstellt, der wird ihn viel seltener verkaufen, als der Händlerkollege, der einen 55 Zoll angemessen zeigt. Doch das ist fast schon wieder Schnee von gestern. Denn ab diesem Jahr wird der Trend in Richtung 80 Zoll Geräte spürbar sein – und nur wer dann einen 80 Zoll LED präsentiert, wird auch 70er verkaufen.

Allein schon deshalb muss der Fachhandel dankbar sein für Produkte wie die Giga 5. Doch es gibt noch einen weiteren Grund: Produkte wie dieses bieten so viele Funktionalitäten und Besonderheiten, dass sich ein qualifizierter Verkäufer nach Herzenslust im Kundengespräch austoben kann (hoffentlich nicht, ohne im richtigen Moment erfolgreich die Abschlussfrage zu stellen). Hier kann der qualifizierte Fachhandel seine Stärken ausspielen – nicht im dümmlichen Preiswettbewerb, sondern im intelligenten Leistungswettbewerb um die beste Beratung und um das beste Einkaufserlebnis.

Solche Produkte helfen, die Kompetenz des stationären Handels zu steigern. Sie erzielen ihre Wirkung allerdings nur, wenn der Kunde sie sehen, anfassen und “spüren” kann. Eine willkommene Chance für diejenigen, die es verstehen, derartige Produkte angemessen zu zeigen, nein, sie zu präsentieren oder, noch besser: sie zu zelebrieren.

Zu dieser Art des Handelns gehört Intelligenz bei allen Marktteilnehmern. Der Fachhändler vor Ort muss die Chancen erkennen und ergreifen. Er darf nicht versuchen, sich gegen angemessene Schulungs- oder Präsentationsauflagen zu sperren. Und er darf keine Angst davor haben, selbstbewusst für seine Leistung und seine Ware einen angemessenen Preis zu fordern. Wer dies als Fachhändler nicht kann und auch nicht bereit ist, dies zu lernen, der sollte weniger wertige Produkte vermarkten und sich ernsthaft Gedanken über die Zukunftsfähigkeit seines Unternehmens machen.

9 Kommentare

    1. Da sprechen Sie mir aus dem Herzen, nur wer so verkauft, der kann auch in Zukunft erfolgreich sein. Das ist und soll auch immer unser Motto sein.

    2. Hallo Herr Professor Oecking, danke für Ihre positive Rückmeldung. Klauen Sie ruhig – ich empfinde es als Adelsschlag 🙂
      Herzliche Grüße, Jörg Ehmer

  1. Die FAZaS hat es auch gewusst. Wie war das gleich, “Wer als Fachhändler fünf Kaffee-Vollautomaten in seinem Laden ausstellt, und den teuersten bei 999 Euro positioniert, der wird dieses 1000-Euro-Gerät seltener verkaufen, als wenn er daneben eines für 1299 Euro stellt.” Diesen Satz hatte ich doch gerade so ähnlich in der FAZaS gelesen, quasi als wissenschaftlichen Beweis: “Die Verkäufer müssen uns nur am Anfang des Gesprächs zu einem besonders teuren Gerät führen (“nur, damit Sie sich das mal angucken können”). Unwillkürlich misst das Gehirn später alle anderen Preise an dem des ersten Gerätes. Und plötzlich sehen selbst mittelmäßig günstige Fernseher aus wie das größte Sonderangebot des vergangenen Jahres.” (FAZaS Nr.5 2012, Seite 46) Mein Kaffee ist heute morgen wieder großartig!

    1. Guten Tag Herr Mauermann,

      danke für Ihren Hinweis. Da bin ich ja nur froh, dass die Sonntags-FAZ mit diesem Beitrag erst am Wochenende nach meinem Blog-Beitrag erschienen ist und nicht davor – manchmal paßt es halt. Egal was man dem Kunden zeigt und verkauft, entscheidend ist, dass er zufrieden ist – so wie Sie es offensichtlich täglich mit Ihrem Kaffee sind.

      Herzliche Grüße

      Jörg Ehmer

  2. Aber genau darin liegt doch die Kunst des Fachhandels, dem Kunden ein Stück Lebensqualität zu suggerieren. In einer Zeit, wo permanenter Stress und Leistungsdruck das Leben schon schwer genug machen, braucht Mann (und Frau) jemanden, dem man vertrauen kann und das kann nur der Fachhandel.

    Wenn wir einen Kunden zufrieden bedient haben und einen nachhaltigen Eindruck (Beratung, Produkt und Service) hinterlassen haben, bauen wir uns dieses Vertrauen auf und das, was man nie vergessen sollte, eben dieses nie zu missbrauchen.

    Wir gelten in unserer Umgebung als “Apotheke”… und was ist daran schlimm ???

    Nix. Hochwertige Produkte zum fairen Preis und immer mit Service.

    Jeder der diese Apotheke bis jetzt besucht hat ist zufrieden und kommt gerne wieder.

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