Zeitungsausschnitt der teilweise einen Artikel zeigt, Überschrift „Ein besonderes Datum“, darunter „Jörg Ehmer erinnert zum 17.5. an Verfolgung Homosexueller und wirbt für Respekt“.

17. 5. – ein besonderer Tag

Der 17.5. ist ein besonderes Datum – erinnert Sie es an etwas Besonderes? Mich erinnert es an den Geburtstag meines verstorbenen Großvaters. Und daran, wie er mir als Kind erzählt hat, dass er in meinem Alter bloß wegen dieses Datums oft als vermeintlicher „175er“ gehänselt wurde. Paragraph 175 des Strafgesetzbuches regelte seit 1871 für mehr als 100 Jahre die Strafbarkeit homosexueller Handlungen. Die Nazis haben die Strafbarkeit massiv ausgeweitet und verschärft. Auch nach 1945 wurde die Strafbarkeit nur scheibchenweise gemildert, aber erst im Zuge der Wiedervereinigung komplett abgeschafft. Während dieser Zeit wurde der 17.5. zynisch als „Feiertag der Schwulen“ bezeichnet – eine unglaubliche Perfidität. Erst 2017 wurden alle Verurteilten rehabilitiert.

Seit einigen Jahren ist der 17.5. der internationale Aktionstag gegen die Diskriminierung wegen sexueller Orientierung. Die Initiative dafür kam aus Frankreich, anknüpfend an den 17.5.1990, der Tag, an dem die Weltgesundheitsorganisation Homosexualität aus dem Diagnoseschlüssel für Krankheiten gestrichen hat.

Wie wichtig dieser Aktionstag ist, zeigt sich auch daran, dass in rund einem Drittel aller Länder Homosexualität unverändert strafbar ist, teils sogar mit der Todesstrafe bedroht. Weltweit zeigt sich in vielen Ländern, in denen über lange Zeit die Intoleranz gegenüber Minderheiten und speziell gegenüber Homosexuellen zurückgegangen ist, eine erschreckende Umkehrbewegung:

Amnesty International beklagt eine dramatische Verschlechterung der Situation in Afrika. In mehreren Ländern Europas werden diskriminierende Gesetze erlassen und Verfassungen geändert. Der Kampf gegen Diversität wird vereinzelt zur Staatsdoktrin.

Auch in Deutschland wird das Klima rauer: Die Zahl der Straftaten im Bereich “Sexuelle Orientierung” und “Geschlechtsbezogene Diversität” hat sich nach dem aktuellen Lagebericht des Bundeskriminalamtes seit 2010 nahezu verzehnfacht. Während sich rund drei Viertel der Menschen in Deutschland nach einer aktuellen Studie für den Schutz vor Diskriminierung aussprechen, halten erschreckende fast 15% Diskriminierung wegen sexueller Orientierung für richtig. Es gibt sogar Länder in Europa, in denen die Mehrheit so denkt und rechtspopulistische Parteien damit in den Wahlkampf ziehen.

Durch das allgemein aufgeheizte Klima trauen sich Homophobe und andere Engstirnige auch in Deutschland wieder aus der Deckung. Das ist für die Betroffenen spürbar. Nicht nur durch körperliche Gewalt, sondern durch breite Hasskriminalität und Hetze. Das gleiche Schema zeigt sich auch an anderer Stelle bei Anfeindung gegen Minderheiten, bis hin zur tief beschämenden Zunahme offenen Antisemitismus. Als Gesellschaft dürfen wir nicht hinnehmen, dass Krawallmacher das gesellschaftliche Klima vergiften und Verfassungsfeinde unser Wertesystem angreifen:

Minderheitenschutzes gelingt nur, wenn die Mehrheit sich dafür einsetzt und Toleranz und Freiheit durchsetzt. Und genau aus diesem Grund ist der 17.5. auch ein besonderes Datum, das uns alle in die Pflicht nimmt. In die Pflicht nimmt, unsere zentralen Verfassungsgrundsätze durchzusetzen: Schutz der Menschenwürde, individuelle Freiheit sowie Gleichbehandlung statt Diskriminierung.

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Dieser Beitrag beruht auf einem am 17.5. in den Nürnberger Nachrichten und ihren regionalen Teilausgaben veröffentlichten Gastbeitrag. Ich danke dem Verlag für die Zustimmung zur Veröffentlichung hier auf meinem Blog.

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