Consumer-Electronic-Handel ist kein leichtes Geschäft. Was plagt uns nicht alles: Preiskampf, sinkende Margen, extrem kurze Innovationszyklen und natürlich auch der Konflikt der verschiedenen Vermarktungskonzepte. Hinzu kommt der Druck der großflächigen Fachmärkte und noch größeren „Angeblich-nicht-blöd-Läden“ auf den kleineren Fachhandel. Wohingegen die größeren Läden wohl eher durch den Internet-Wettbewerb gefordert werden. Diese Herausforderungen des Marktes sind real; aber auch nichts Neues oder gar Einzigartiges, das etwa den Consumer-Electronic-Handel besonders auszeichnen würde.
Die Älteren unter uns haben die massiven strukturellen Veränderungen im Lebensmitteleinzelhandel live miterlebt: Gegen die Ketten und großflächigen Angebote konnte nur der Kaufmann überleben, der sich einer starken Gemeinschaft angeschlossen hat. Die Entwicklung im Consumer-Electronic-Handel ist eine ähnliche, und sie wird an Dynamik weiter zunehmen.
Andere Handelsformen hingegen haben noch ganz andere Herausforderungen zu bewältigen. Nehmen wir das Beispiel Apotheken. Fachleute befürchten, dass in naher Zukunft zahlreiche Apotheken schließen müssen. Und das nicht etwa, weil sie Misswirtschaft betrieben hätten, sondern weil in einem teilregulierten Markt für sie nicht beeinflussbare Entscheidungen getroffen werden. So wird bestimmten Standorten die Existenzmöglichkeit entzogen. Abgabepreise werden ebenso wie Margen diktiert. Und es geht sogar noch weiter: Die Apotheker müssen ihren Kunden erklären, dass sie weder das vom Arzt verschriebene – und seit Jahren nebenwirkungsfrei genommene – Medikament, noch die verschriebene Menge herausgeben dürfen, weil die Vorgabe der Krankenkasse sie dazu zwingt, ein Alternativpräparat in anderer Menge abzugeben.
Man stelle sich das einmal für den Consumer-Electronic-Handel vor: Analog zur Krankenversicherung gäbe es eine Kommunikationsinfrastrukturversicherung. Ein Fachkundiger berät – mit Vollmacht und gegen Bezahlung durch die Versicherung – den Kunden und sucht das für ihn passende Fernsehgerät aus. Sagen wir einfach mal einen 37-Zoll-TV des Herstellers “M“, da der Kunde aufgrund seines rudimentären Technikverständnisses und einer Fehlsichtigkeit in besonderem Maße auf eine einfache Bedienung, große Tasten und gleichzeitig darauf angewiesen ist, dass der klingelnde Türgong im Fernseher angezeigt wird. Mit diesem “Rezept” geht der Kunde zur Ausgabestelle, die aufgrund ihrer Fachkompetenz die Empfehlung teilt, ihr aber nicht folgen darf. Denn die Kommunikationsinfrastrukturversicherung hat einen günstigen Posten 40-Zoll-Fernseher in der Gehäusefarbe rosa vom aufstrebenden Hersteller „Futschikato-Murks“ gekauft. Und den gilt es jetzt unter die Leute zu bringen. Egal, ob der Kunde das Gerät bedienen kann oder ob es in die klassische Schrankwand passt. Na, dieses Kundengespräch möchte ich nicht führen!
Es ist eine alte, doch unverändert zutreffende Weisheit, dass erfolgreicher Handel einen steten Wandel erfordert. Das gilt für alle Handelsbereiche. Freuen wir uns darüber, dass wir nicht in ein enges Korsett reguliert werden. Das gibt uns die Chance, den Markt nach sinnvollen Maßstäben selbst zu gestalten. Das bedeutet aber auch in unserem System der nicht unbeschränkten, sondern sozialen Marktwirtschaft, dass jeder Marktbeteiligte die Verantwortung trägt, an einer sinnvollen und sozial verträglichen Marktgestaltung mitzuwirken.
Handel und insbesondere auch kleinflächiger stationärer Fachhandel ist ein Stück Lebensqualität. Er übernimmt die wichtige Funktion der Nahversorgung. Er ist Anlauf- und Kontaktstelle und leistet eine wichtige Beratungs- und Begleitungsfunktion. Er ist der Garant für eine angemessene Vermarktung hochwertiger und innovativer Produkte.
Wer diese Möglichkeiten ausnutzen möchte, kann die Verantwortung aber nicht nur den Händlern und ihren Verbundgruppen übertragen. Wie gesagt, alle Marktteilnehmer tragen gemeinsam die Verantwortung, jeder in seinem Teil- und Einflussbereich. Es bedarf vor allem geeigneter Ware und Leistungen, die eine auskömmliche Marge gewähren. Hier ist die Industrie gefordert, eine sinnvolle Vertriebs- und Produktpolitik zu betreiben. Denn auch oder gerade die Industrie hat ein hohes Interesse daran, dass wertige und innovative Produkte angemessen vermarktet werden. Und das geht eben nicht, indem man hochwertige und innovative Produkte zu Dumpingpreisen zwischen Blattsalat und Toilettenpapier verramscht.
Eins ist sicher: Die so erworbenen Marktanteile in der GfK-Statistik sind teurer erkauft, als es auf den ersten Blick erscheint. Wer so handelt, der schadet seiner Marke und verspielt seine Chance, als ernsthafter Partner wahrgenommen zu werden. Ein Verhalten, das nicht gerade für unternehmerischen Weitblick spricht. Und gerade für Händler gilt: Wir sind nicht nachtragend, aber wir vergessen nichts. Also, jeder hat sein Päckchen zu tragen, nicht nur die Händler.